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Die Herrlichkeit des Lebens - (Verfilmung)

Aufmerksamen Leser/Innen meiner Seite dürfte aufgefallen sein, dass ich hier schon einmal eine Rezension mit dem Titel "Die Herrlichkeit des Lebens" geschrieben habe. Das ist nämlich der Titel eines Bestsellers der Autors Micheal Kumpfmüller. Dieses Buch behandelt die letzten Lebensmonate des Schriftstellers Franz Kafka in belletristischer Herangehensweise. Diese Rezension befasst sich nun mit der Verfilmung dieses Buches.

"Es ist sehr gut denkbar, dass die Herrlichkeit des Lebens um jeden und immer in ihrer ganzen Fülle bereit liegt, aber verhängt, in der Tiefe, unsichtbar, sehr weit. Aber sie liegt dort, nicht feindselig, nicht widerwillig, nicht taub. Ruft man sie beim richtigen Wort, beim richtigen Namen, dann kommt sie. Das ist das Wesen der Zauberei, die nicht schafft, sondern ruft."
- Franz Kafka, Tagebuch Oktober 1921

Die Herrlichkeit des Lebens

Hauptdarsteller: Henriette Confurius ⧉, Sabin Tambrea ⧉
Regie: Judith Kaufmann, George Maas
Nach dem gleichnamigen Roman von Michael Kumpfmüller ⧉

Letztes Jahr war der 100. Todestag von Franz Kafka. Die Medien waren voll von Berichten und Dokumentationen. Die in meinen Augen völlig misslungene Kafka-Serie der ARD - Kafka wird hier als Karikatur seines eigenen Werkes dargestellt - ließ Böses erahnen. Was mag da noch kommen und wie schlimm kann es noch werden? Als ich dann gelesen hatte, dass der Roman "Die Herrlichkeit des Lebens" von Michael Kumpfmüller verfilmt werden sollte, gingen meine Erwartungen in den Keller. Wie sollte das gelingen? Die letzten Monate im Leben des Franz Kafka, die erst in den letzten Jahren in der Biografie von Kafka in den Vordergrund getreten sind, unter anderem wegen dem tollen Buch von Kathi Diamant (ebenfalls von mir rezensiert), haben eine besondere Faszination. Die Charaktere müssen mit ganz besonderem Tiefgang dargestellt werden und die vielen Aspekte dieser Zeit müssen gegeneinander abgewogen werden. Das kann nur schiefgehen, habe ich gedacht. Ich glaube aber, dass es nicht an meinen niedrigen Erwartungen lag, die dazu führen, dass ich diesen Film für sehr gelungen halte. Sabin Tambrea als Franz Kafka und ganz besonders Henriette Confurius als Dora Diamant haben hier das geleistet, was ich nicht für möglich gehalten habe - sie haben die beiden Figuren exakt so dargestellt, wie man sie als Leser des Romans und Kafka-Kenner erwarten würde.

Der Film macht sehr viele Abstriche und stellt viele Dinge im Vergleich mit der Biografie von Kafka und Diamant anders, sogar falsch dar. Aber ich kann nachvollziehen, warum das Regie-Duo diese Herangehensweise gewählt hat. Es kam ihnen auf den Fokus der Beziehung der beiden Hauptfiguren an - nicht so sehr auf die Faktentreue. Und ich würde sagen, dass war eine gute Entscheidung.

Es fehlt zum Beispiel die Figur des Robert Klopstock komplett. Mit diesem Arzt hatte Dora ihren Franz bis zuletzt betreut. Klopstock ist eine außergewöhnliche Figur - sein Handeln, gerade in den letzten Stunden von Kafkas Leben, ist etwas nebulös. Hätte man diese Figur mit aufgenommen, hätte die gesamte Handlung des Films eine weitere Ebene bekommen und vom eigentlichen Thema abgelenkt.

Außerdem falsch, aber auch hier verstehe ich die Intention: Kafka überreicht seinem Freund Max Brod auf dem Sterbebett einen Zettel mit seinem Testament und dem Wunsch, sein Werk zu verbrennen. Das stimmt so nicht - der im Film zitierte Text war viele Jahre vorher von Kafka verfasst worden und nach Aufassung von Max Brod am Ende des Lebens von Kafka nicht mehr aktuell. Der Film braucht aber aus dramaturgischen Gründen diesen Widerspruch, denn so bekommt der Film einen Stellenwert und eine Einordnungsmöglichkeit eben auch für Menschen, die sich mit Kafka nicht auskennen. Auch die Tatsache, dass Kafka und Diamant in Berlin nicht nur eine Wohnung bezogen und Kafka bevor er in das Sanatorium in Kierling kam noch in anderen Krankenhäusern gewesen ist, fällt weg - muss auch so sein, da es für die Dramaturgie dieses Film irrelevant ist.

Irgendein Kritiker hatte geschrieben, der Film sei wie ein Gemälde. Insbesondere der erste Teil, das Kennenlernen der beiden in Gral-Müritz an der Ostsee, ist richtig gut inszeniert. Der hagere Kafka, intelligent, weltgewandt, trifft auf die selbstbewusste Dora Diamant und umgarnt sie. Und Dora kann bei Kafka Seiten hervorbringen, wie es keine andere Frau zuvor geschafft hat.

Nun, ob Kafka wirklich Motorrad gefahren ist oder spontan "toter Mann" in der Ostsee gespielt hat, dass kann man hinterfragen. Aber das tut dem Film keinen Abbruch, denn Tambrea und Confurius nimmt man die Rollen ab, die sie spielen. Es gibt zahlreiche Szenen, die herausragend gespielt sind: der erste Kuss von Dora und ein Franz Kafka, der sich wie die Maus in seiner Fabel fühlt. Jetzt, wo er die Herrlichkeit des Lebens gefunden hat, geht dieses zuende. Oder als die beiden am Schluss noch einmal draußen sind und ein Glas Wein trinken und Kafka nur noch schriftlich mit Dora kommunizieren kann - wirklich grandios gespielt.

Lange Rede, kurzer Sinn: Wenn ich mich positiv zu einer Kafka-Verfilmung äußere, dann will das etwas heißen. Also: erst das Buch von Michael Kumpfmüller lesen, dann den Film anschauen und anschliessend die Dora Diamant Biografie von Kathi Diamant. Und zwischendurch natürlich alles, was ich zu diesem Thema geschrieben und vertont habe:

Rezension zu dem Buch "Die Herrlichkeit des Lebens" / Dora Diamant Biografie
Meine Vertonungen in "Kafkaeske Momente"
Essay zu Robert Klopstock

Webseite von Michael Kumpfmüller  ⧉

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